Leistungsfreiheit bei Missachtung der Obliegenheit zur Instandhaltung eines Daches

Hat sich ein Versicherungsnehmer keinerlei Gedanken über den Zustand des Daches seines versicherten Anwesens gemacht, ist der Versicherer wegen grob fahrlässiger Verletzung seiner Instandhaltungsobliegenheit von der Leistung frei.

Aus den Gründen:

b) Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die verwiesen wird und die durch das Berufungsvorbringen ebenfalls nicht entkräftet werden, hat der Kl. die Obliegenheit aus Teil A I. § 18 Nr. 2 AVBG 99 grob fahrlässig verletzt, das Dach der versicherten Halle stets in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und Mängel und Schäden unverzüglich beseitigen zu lassen mit der Folge, dass die Bekl. gem. Teil A I. § 18 Nr. 9 AVBG in vollem Umfang leistungsfrei geworden ist.

(1) Rechtsfehlerfrei hat das LG gestützt auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen F … R … festgestellt, dass der Kl. seiner vorbezeichneten Obliegenheit aus Teil A I. § 18 Nr. 2 AVBG 99 nicht erfüllt hat. Die Quelle der Erkenntnis des LG, die der Kl. ausweislich seiner Berufungsbegründung nicht gesehen hat, ist das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen.

(2) Auf eine positive Kenntnis des Kl. von dem schadhaften Zustand des Daches kommt es nicht an, weil den Kl. der Vorwurf eines „lediglich“ fahrlässigen – wenn auch groben – Sorgfaltsverstoßes trifft.

(3) Rechtlich ist es schließlich nicht zu beanstanden, wenn das LG in dem Umstand, dass der Kl. ohne Rücksicht auf seine Obliegenheit aus dem Versicherungsvertrag sich keinerlei Gedanken um den Zustand des Daches macht und auch nichts unternimmt, um eine solche – zumindest laienhafte – Kenntnis vom Zustand des Daches zu erlangen. Im vorliegenden Fall wäre dazu nur erforderlich gewesen, dass der Kl. einmal auf eine Leiter steigt, um das Dach in Augenschein zu nehmen. Der sich daraufhin bietende Anblick des fast vollständig augenscheinlich maroden Daches hätte jeden verständigen Laien und VN veranlassen müssen, eine fachkundige Prüfung des Daches zu veranlassen. Deshalb und auch, weil der Kl. dieses äußerst nachlässige Verhalten über einen längeren Zeitraum von fast einem Jahr seit Bestehen des Versicherungsvertrages zeigte, grenzt das Verschulden des Kl.s bereits an bedingten Vorsatz. Hätte der Kl. das Dach fachkundig prüfen lassen, wären die Mängel und die erforderlichen Maßnahmen zur Behebung dieser Mängel aufgezeigt worden, zu deren Ergreifung der Kl. vertraglich in Erfüllung seiner Obliegenheit angehalten gewesen wäre. Der Senat verweist ergänzend dazu nochmals auf die in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des LG … , die er sich uneingeschränkt zu eigen macht. Der Kl. hat sich mit diesen Erwägungen in der Berufung nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt.

Quelle: OLG Brandenburg, Urteil vom 22.12.2021 – 11 U 1/21

Seit Dezember 2021 wird schrittweise die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) umgesetzt. Weitere Änderungen kommen jetzt ab dem 01.07.2022 – Kündigung per Klick – Buttonlösung

Hervorgehoben

Kündigung per Klick

  • Unternehmen, die über einen eigenen Internetauftritt Dauerschuldverhältnisse mit Verbrauchern eingehen müssen ab 01. Juli 2022 dem Verbraucher die Kündigungsmöglichkeit per Button anzubieten.
  • Der Button muss ständig erreichbar und eindeutig beschriftet sein.
  • Auf der Bestätigungsseite sind folgende Angaben verpflichtend: – Art der Kündigung- bei einer außerordentlichen Kündigung zum Grund der Kündigung- Angaben zur Identifizierbarkeit des kündigenden Verbrauchers- zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags- zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll
  • Die Kündigungserklärung mit Datum und Uhrzeit der Abgabe muss auf einem dauerhaften Datenträger (bspw. Computer, Smartphone, etc.) speicherbar sein
  • Zudem muss eine Kündigungsbestätigung übersandt werden. Die Kündigungsbestätigung muss enthalten: – Inhalt der Kündigung – Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigung – Beendigungszeitpunkt des Vertrags.
  • Die Regelungen zur Kündigung per Button gilt ab dem 01.07.2022 auch für Altverträge.

Ein kurzer TKG-Überblick:

Handyverträge können nach Ablauf der Mindestlaufzeit jederzeit monatlich gekündigt werden

Diese Möglichkeit bietet sich nicht nur für Neuverträge ab dem 1.12.2021, sondern auch für bestehende Verträge.

Neue Verträge dürfen zwar, wie bisher, für bis zu 24 Monate abgeschlossen werden. Aber wenn sich der Vertrag nach dieser Laufzeit automatisch verlängert, können Sie ihn jederzeit mit einer einmonatigen Frist kündigen

Minderungs- und Kündigungsrecht bei zu geringer Bandbreite
Bekommen Sie nicht die versprochene Bandbreite zur Verfügung gestellt und ist Ihr Internetanschluss regelmäßig bzw. deutlich zu langsam, dann sieht das Gesetz Möglichkeiten für Kündigung und Minderung vor. Bei schlechten Leistungen kann der Vertrag unter Umständen fristlos gekündigt oder die Zahlungen so weit gemindert werden, wie die Dienste eingeschränkt sind. Diese Einschränkung müssen Sie nachweisen.

Beim Umzug:  Biete der bisherige Anbieter die Leistung dort nicht anbietet, können Sie den Vertrag kündigen – und zwar mit einmonatiger Frist.

Angebotspaketen (z.B. Mobilfunkanschluss kombiniert mit einem Smartphone): Es können Bestandteile aus dem Paket kündigt werden, wenn der Anbieter den Vertrag dazu nicht eingehalten hat.

Entschädigungen bei kompletten Telefon- und Internetausfällen, sofern der Anbieter die Störung nicht innerhalb von 2 Kalendertagen behebt
Ab dem 3. Kalendertag nach dem Eingang der Störungsmeldung steht Ihnen bei einem Komplettausfall des Telefon- und Internetanschlusses eine Entschädigung zu:

  • für den 3. und 4. Tag: 10% des vertraglich vereinbarten Monatsentgelts, aber mindestens 5 Euro
  • ab dem. 5. Tag: 20% des vertraglich vereinbarten Monatsentgelts, aber mindestens 10 Euro
  • versäumt der Anbieter Kundendienst- oder Installationstermine, stehen Ihnen 20% des vertraglich vereinbarten Monatsentgelts zu, aber mindestens 10 Euro.

Verträge, die früher am Telefon abgeschlossen wurden, müssen nun in Textform (zum Beispiel via E-Mail) bestätigt werden, wenn vor Vertragsschluss keine Vertragszusammenfassung bereitgestellt wurde.

Pflichtangaben der Zusammenfassung

  • die Kontaktdaten des Anbieters,
  • wesentliche Merkmale der einzelnen zu erbringenden Dienste,
  • Aktivierungsgebühren,
  • und die Laufzeit sowie Bedingungen für Verlängerung und Kündigung.

Wenn diese Informationen beim Vertragsschluss nicht ausgehändigt werden können (das dürfte z.B. der Fall sein, wenn Sie Angebote am Telefon erhalten), muss Ihnen der Anbieter diese Zusammenfassung unverzüglich nach Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen. Zudem wird der Vertrag dann nur mit Ihrer ausdrücklichen Genehmigung wirksam.

Eine Verschlechterung ist dagegen die neue Regelung für Glasfaseranschlüsse: Danach müssen im Zweifel alle Mieter für einen Glasfaseranschluss des Hauses bezahlen, auch wenn sie ihn nicht selbst nutzen.

Mieter Kabelanschlussbindung

Kabelanschlussbindung

Bindung des Mieters an einen vom Vermieter bereitgestellten Kabelanschluss verstößt nach geltender Rechtslage nicht gegen das Telekommunikationsgesetz – Urteil vom 18. November 2021 – I ZR 106/20 – Kabel-TV-Anschluss

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass in Mietverträgen über Wohnraum vereinbart werden darf, dass der Mieter für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses an einen vom Vermieter zur Verfügung gestellten kostenpflichtigen Breitbandkabelanschluss gebunden ist. 

Sachverhalt: 

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte ist Vermieterin von mehr als 120.000 Mietwohnungen, von denen etwa 108.000 an ein Kabelfernsehnetz angeschlossen sind, über das Fernseh- und Hörfunkprogramme übertragen werden und das auch für andere Dienste wie Telefonate und Internet genutzt werden kann. Das Entgelt, das die Beklagte für die Versorgung der Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen über das Kabelnetz zahlt, legt sie nach den Mietverträgen als Betriebskosten auf ihre Mieter um. Für die Mieter besteht nach den Mietverträgen keine Möglichkeit, während der Dauer des Mietverhältnisses die Versorgung ihrer Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunksignalen zu kündigen.

Die Klägerin sieht einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 43b TKG darin, dass die Mietverträge keine Regelung enthalten, nach der die kostenpflichtige Bereitstellung eines Kabelanschlusses wenigstens zum Ablauf einer Laufzeit von 24 Monaten kündbar ist, und die Beklagte nicht den Abschluss von Mietverträgen anbietet, nach denen die Bereitstellung solcher Anschlüsse auf eine Laufzeit von höchstens 12 Monaten begrenzt ist. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf: 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hat angenommen, der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 43b TKG zu. Die Vorschrift des § 43b TKG sei im Verhältnis der Beklagten zu ihren Mietern nicht anwendbar, weil das Angebot der Beklagten nicht im Sinne dieser Vorschrift öffentlich zugänglich sei.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte hat durch die Bindung ihrer Mieter an den von ihr zur Verfügung gestellten kostenpflichtigen Kabel-TV-Anschluss nicht gegen § 43b TKG verstoßen.

Mit der Bereitstellung der Kabel-TV-Anschlüsse erbringt die Beklagte allerdings einen Telekommunikationsdienst im Sinne von § 3 Nr. 24 TKG. Sie stellt ihren Mietern damit einen Dienst zur Verfügung, der ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen besteht. Der von der Beklagten angebotene Telekommunikationsdienst ist angesichts der großen Anzahl der von der Beklagten vermieteten und mit einem Kabel-TV-Anschluss ausgestatteten Wohnungen – entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts – auch im Sinne von § 3 Nr. 17a TKG öffentlich zugänglich. 

In den von der Beklagten mit ihren Mietern geschlossenen Mietverträgen ist jedoch keine 24 Monate überschreitende Mindestlaufzeit vereinbart (§ 43b Satz 1 TKG). Die Beklagte verwehrt ihren Mietern auch nicht den Abschluss von Mietverträgen mit einer Höchstlaufzeit von zwölf Monaten (§ 43b Satz 2 TKG). Die Mietverträge werden von der Beklagten vielmehr auf unbestimmte Zeit geschlossen und können von den Mietern – entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB – bis zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats gekündigt werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 43b TKG auf die von der Beklagten geschlossenen Mietverträge scheidet daher aus. 

Eine entsprechende Anwendung von § 43b TKG im Verhältnis der Beklagten zu ihren Mietern kommt nicht in Betracht. Aus der Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Regelungen geht hervor, dass der Gesetzgeber große Wohnungsbaugesellschaften, die mit Kabel-TV-Anschlüssen ausgestattete Wohnungen vermieten und die Kosten des Kabelanschlusses als Betriebskosten auf die Mieter umlegen, nicht in den Geltungsbereich des § 43b TKG einbeziehen wollte. Das ergibt sich auch aus der bevorstehenden Änderung des Telekommunikationsgesetzes. Nach der ab dem 1. Dezember 2021 geltenden Neuregelung in § 71 Abs. 1 Satz 1 und 3 TKG können Verbraucher zwar die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten im Rahmen eines Mietverhältnisses nach 24 Monaten beenden. Diese Neuregelung ist nach der Übergangsvorschrift des § 230 Abs. 4 TKG aber erst ab dem 1. Juli 2024 anwendbar, wenn die Gegenleistung – wie im vorliegenden Fall – ausschließlich als Betriebskosten abgerechnet wird. 

Vorinstanzen:  LG Essen – Urteil vom 31. Mai 2019 – 45 O 72/18  OLG Hamm – Urteil vom 28. Mai 2020 – I-4 U 82/19 

Quelle: Bundesgerichtshof –Mitteilung der Pressestelle Nr. 215/2021 vom 18.11.2021

Verbotenes Kraftfahrzeugrennen

Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle – Nr. 208/2021 vom 11.11.2021

Das Landgericht Arnsberg hatte den Angeklagten H. wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten und den Angeklagten P. unter Freisprechung im Übrigen wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Nach den getroffenen Feststellungen hatten sich die Angeklagten spontan dazu verabredet, auf einer Landstraße ein Kraftfahrzeugrennen zu fahren, bei dem sie das Beschleunigungsverhalten ihrer Fahrzeuge vergleichen und möglichst hohe Geschwindigkeiten fahren wollten. Als der Angeklagte H. den Angeklagten P. aus einer Kurve heraus zu überholen versuchte, kollidierte er mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, das mit fünf Personen besetzt war. Eine Mitfahrerin kam zu Tode. Die weiteren Fahrzeuginsassen wurden teilweise schwer verletzt. 

Der Bundesgerichtshof (BGH) Urteil vom 11. November 2021 – 4 StR 511/20 hat die Revisionen der Angeklagten verworfen. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat er den Schuldspruch gegen den Angeklagten P. um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung in vier Fällen ergänzt sowie den Strafausspruch aufgehoben. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft wurde verworfen. Dabei hat der Senat dieses Verfahren zum Anlass genommen, zu grundsätzlichen Fragen Stellung zu nehmen, die durch die neu in das Strafgesetzbuch eingefügte Vorschrift zu verbotenen Kraftfahrzeugrennen (§ 315d StGB) aufgeworfen worden sind. Dies betrifft insbesondere den Rennbegriff, aber auch die Frage der Zurechnung von konkret eingetretenen Gefahren, wenn sie unmittelbar von anderen Rennteilnehmern verursacht worden sind. 

Vorinstanz:   Landgericht Arnsberg – Urteil vom 20. Januar 2020 – II-2 Ks – 411 Js 522/18 – 15/19

Neuer Bußgeldkatalog

Achtung! Vermutlich schon ab dem 09.11.2021 gilt ein neuer Bußgeldkatalog!

Am Freitag, dem 8.10.2021 hat der Bundesrat der Strafverschärfung mit einem neuen Bußgeldkatalog zugestimmt. Mit der Unterschrift des Bundesverkehrsministers geht die Verordnung drei Wochen später in Kraft.

Die Radfahrer und Fußgänger wird es freuen. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer werden schärfer kontrolliert und bestraft. Neben den üblichen Verschärfungen für Tempoverstöße geht es jetzt auch verstärkt in den ruhenden Verkehr.

  • Die Bußgelder für Falschparken und Halten in zweiter Reihe steigen erheblich.

Beispiel zum unberechtigt Halten / Parken:

im Halte- oder Parkverbot 25 € statt 15 €

länger als einer Stunde mit Behinderung 50 € statt 35 €

Schwerbehindertenparkplatz 55 € statt 35 €.

vor Feuerwehrzufahrten bei Behinderung der Rettungsfahrzeuge 100 € / 1 P. Halten / Parken länger als 1 Sunde mit Behinderung auf Geh- und Radweg länger 80 €.

in zweiter Reihe 55 €

mit Behinderung von Radfahrenden 80 € / 1 P.

auf Parkplatz für E-Autos oder Car-Sharing-Fahrzeuge 55 €

  • Zudem muss der Motorisierte jedoch auch der Radfahrende noch mehr acht auf Fußgänger nehmen.

Sollte angenommen werden, dass beim Abbiegen keine Rücksicht auf Fußgänger genommen und diese dadurch gefährdet wurden, sind 140 € / 1 P / 1 Monat Fahrverbot fällig.

Radfahrenden drohen in solchen Fällen 70€ / 1 P.

  • Schritt-Geschwindigkeit beim Rechtsabbiegen für Lkw

Lkw müssen beim Rechtsabbiegen Schrittgeschwindigkeit fahren. Verstöße werden mit 70 € / 1P geahndet.

  • Während sich die Grenzen für ein Fahrverbot bei Geschwindigkeitsverstößen nicht verändert haben, steigt bzw. verdoppeln sich teilweise die Höhe der Geldbußen.

Zum Beispiel: 10 km/h zu viel

  • innerorts 20 € statt 10 €
  • außerorts 30 € statt 15 €

Zum Beispiel: 20 km/h zu viel

  • innerorts 70 € statt 35 €
  • außerorts 60 € statt 30 €

Zum Beispiel 41 km / h zu viel (91 km/h statt 50 km/h)

  • innerorts 400 € statt 200 €
  • außerorts 160 € statt 160 €
  • Wer keine Rettungsgasse bildet, erhält nun neben 200 € und 1 Punkt ein Fahrverbot

Dieselskandal Rücktritt Kaufvertrag

Bundesgerichtshof Urteil vom 29. September 2021 – VIII ZR 111/20 zum sogenannten Dieselskandal: Rücktritt vom Kaufvertrag ohne vorherige Fristsetzung nicht ohne weiteres möglich

Der Kläger erwarb im Jahr 2015 bei der beklagten Fahrzeughändlerin ein mit einem von der Volkswagen AG hergestellten Dieselmotor EA 189 ausgestattetes Neufahrzeug Škoda Yeti, dessen Motorsteuerungssoftware den Prüfstandlauf erkannte und in diesem Fall den Ausstoß von Stickoxiden verringerte. Nachdem die Verwendung entsprechender Vorrichtungen bei Dieselmotoren des Typs EA 189 im Verlauf des sogenannten Dieselskandals öffentlich bekannt geworden war, erklärte der Kläger im Herbst 2017 den Rücktritt vom Vertrag. Die Beklagte verweigerte die Rücknahme des Fahrzeugs und verwies den Kläger auf das von der Volkswagen AG entwickelte und von der zuständigen Behörde freigegebene Software-Update, das hinsichtlich des Stickoxidausstoßes einen vorschriftsmäßigen Zustand herstellen sollte. Der Kläger ließ das Software-Update nicht aufspielen, weil er negative Folgen für das Fahrzeug befürchtete.

Der BGH hat entschieden, dass eine dem Verkäufer vor Ausübung eines mangelbedingten Rücktrittsrechts vom Käufer einzuräumende Frist zur Nacherfüllung nicht allein deshalb entbehrlich ist, weil das betreffende Fahrzeug vom Hersteller mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Verkehr gebracht worden ist oder der (bloße) Verdacht besteht, dass ein zur Mangelbeseitigung angebotenes Software-Update zu anderen Nachteilen am Fahrzeug führen könnte. In einer solchen Fallgestaltung bedarf es vielmehr zunächst weitergehender Prüfung und (sachverständiger) Feststellungen durch das Tatgericht.

Ein Rücktritt nach § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB setzt neben dem Vorliegen eines Sachmangels im Sinne des § 434 BGB grundsätzlich weiter voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (Nachbesserung oder Nachlieferung) gesetzt hat. Diese Fristsetzung ist jedoch entbehrlich, wenn dem Käufer – wofür dieser allerdings darlegungs- und beweisbelastet ist – eine Nacherfüllung unzumutbar wäre (§ 440 Satz 1 Alt. 3 BGB) oder besondere Umstände unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Dies bejaht die höchstrichterliche Rechtsprechung unter anderem dann, wenn der Verkäufer dem Käufer einen ihm bekannten Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen hat, weil hierdurch regelmäßig die auf Seiten des Käufers zur Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage entfällt.

Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht ohne weiteres auf Fallgestaltungen wie die vorliegende übertragen, in denen zwar der Hersteller das Fahrzeug mit einem ihm bekannten und verschwiegenen Mangel – der unzulässigen Abschalteinrichtung – in den Verkehr gebracht hat, dem Verkäufer selbst dieser Mangel bei Vertragsabschluss aber nicht bekannt war. Zwar kann die Vertrauensgrundlage zwischen einem Käufer und einem Verkäufer unter Umständen auch dann gestört sein, wenn der Verkäufer sich bei Vertragsabschluss ordnungsgemäß verhalten hat, aber eine Nachbesserung allein in Form eines von eben diesem Hersteller entwickelten Software-Updates anbietet. Ob eine solche Störung vorliegt, hängt jedoch stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, die der Tatrichter nicht allein schematisch, sondern in sorgfältiger Abwägung zu würdigen hat. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass sich der Verkäufer, dem vom Gesetz grundsätzlich ein Recht zur zweiten Andienung eingeräumt wird, nach der Rechtsprechung des Senats ein arglistiges Vorgehen des Herstellers gerade nicht zurechnen lassen muss. Weiterhin wird in Betracht zu ziehen sein, ob vor dem Hintergrund der erforderlichen Prüfung und Freigabe des Updates durch die zuständige Behörde und der Beobachtung der weiteren Entwicklung durch die (Fach-)Öffentlichkeit ein erneutes arglistiges Verhalten des Herstellers nicht fraglich sein könnte (vgl. hierzu bereits BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 7/20, Pressemitteilung Nr. 101/2020).

Ebenso wenig ist vorliegend ein sofortiger Rücktritt bereits deshalb gerechtfertigt, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung das vom Verkäufer angebotene Software-Update mit dem Verdacht oder gar einer tatsächlichen Vermutung negativer Folgen für das Fahrzeug und dessen Betrieb (höherer Verbrauch, kürzere Lebensdauer des Fahrzeugs, erhöhter Verschleiß, verminderte Leistung, schlechtere Emissionen) behaftet wäre. Vielmehr ist zunächst durch entsprechende Feststellungen und vorliegend durch das vom Kläger diesbezüglich angebotene Sachverständigengutachten zu klären, ob und in welchem Umfang das vom Verkäufer angebotene Software-Update tatsächlich zu den vom Käufer behaupteten Folgeschäden führt. 

Nach alledem hat der Senat das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufgehoben, soweit darin zu deren Nachteil erkannt worden ist, und es an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit die erforderlichen Feststellungen nunmehr nachgeholt werden können.

Die Revision des Klägers, mit welcher dieser die Bemessung des bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrages in Abzug zu bringenden Nutzungsersatzes als überhöht angreift, hat der Senat hingegen zurückgewiesen. Die Instanzgerichte haben ihrer Schätzung (§ 287 Abs. 1 ZPO analog) insoweit im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung die zeitanteilige lineare Wertminderung zugrunde gelegt, die bei Neufahrzeugen ausgehend vom Bruttokaufpreis anhand eines Vergleichs zwischen tatsächlichem Gebrauch (gefahrene Kilometer) und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer (erwartete Gesamtlaufleistung) zu bestimmen ist. Für die zu erwartende Gesamtlaufleistung ist dabei die Lebensdauer des gesamten Fahrzeugs maßgebend, die unter Berücksichtigung von der Motorisierung, der Qualität und der Preisklasse des Fahrzeugs zu beurteilen ist. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass sich die Vorinstanzen an den in der Gerichtspraxis anzutreffenden Schätzwerten bei Mittelklassewagen neueren Datums orientiert und für das Fahrzeug eine zu erwartende Gesamtlaufleistung von 250.000 Kilometern angesetzt haben. Die demgegenüber unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung des Klägers, das erworbene Fahrzeug habe eine voraussichtliche Laufleistung von 400.000 Kilometern, ist unbeachtlich. Denn der Kläger hat vorliegend nicht aufgezeigt, dass ein Sachverständigengutachten eine tragfähigere Schätzgrundlage als die seit vielen Jahren veröffentlichten Schätzwerte der Tatgerichte böte.

Vorinstanzen: LG Köln – 19 O 191/17 – Urteil vom 8. Januar 2019 // OLG Köln – 6 U 16/19 – Urteil vom 27. März 2020

Quelle:Bundesgerichtshof (BGH) Mitteilung der Pressestelle Nr. 199/2021 vom 02.11.2021

Kaufrechte Neuregelung

Ab dem 01.01.2022 gibt es erhebliche Neuregelungen im Kaufrecht

Zur Umsetzung der Warenkaufrichtlinie der EU werden die bisherigen kaufvertragsrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches BGB angepasst.

Zu den Änderungen gehören u.a.:

Der Sachmangelbegriff wird erneuert. Ein Sachmangel wird ab dem 01.01.2022 nach subjektiven und objektiven Gesichtspunkten definiert. So kann ein Mangel an der Kaufsache u.a. auch darin bestehen, dass die Montageanleitung und ähnliches unbrauchbar sind.

Zu Gunsten des Verbrauchers (Verbrauchsgüterkauf) werden umfangreiche Hinweispflichten in das Gesetz aufgenommen

So muss der Verbraucher bei Abweichung vom Standard einer Kaufsache auf diese ausdrücklich vor dem Kauf in einer eigenständigen Erklärung hingewiesen werden.

Für den Kauf von Sachen mit dauerhafter Bereitstellung von digitalen Elementen werden erstmals umfangreiche Regelungen im Gesetz aufgenommen.

Es wird u.a. eine Aktualisierungsverpflichtung für Sachen mit digitalen Elementen eingeführt.

Der Verkäufer wird darüber hinaus verpflichtet den Verbraucher auf anstehende Aktualisierung hinzuweisen.

Zudem wird die Beweislastumkehr im Hinblick auf Mängel von bisher 6 Monaten auf 1 Jahr verlängert. Es wird beim Verbrauchsgüterkauf somit in der Regel bis zu einem Jahr davon ausgegangen, dass ein etwaiger Mangel bei der Übergabe schon bestand. Dem Verkäufer obliegt dann zunächst der Beweis des Gegenteils.

Es gibt u.a. Sonderregelungen für den Kauf von lebenden Tieren und bei Waren mit digitalen Elementen.

Die Verjährung der Sachmangelansprüche bei Gebrauchtfahrzeugen im Verbrauchsgüterkauf darf auf ein Jahr abgekürzt werden.

Vorausgesetzt der Verbraucher wird, vor dem Vertragsschluss in einer eigenständigen Erklärung (also in einem vom Kaufvertrag getrennten Dokument und nicht in den AGB -Allgemeinen Geschäftsbedingungen-) auf die Verkürzung der Verjährungsfrist hingewiesen.

Das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags vom 25.6.2021 tritt am 01.01.2022 in Kraft (Quelle: BR-Drucks 146/21 und 570/21)

Vermittlung Fahrerlaubnis Betrug

Der Bundesgerichtshof hat über die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Detmold entschieden, das ihn wegen Betrugs in 37 Fällen und versuchten Betrugs in neun Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt hatte.

Nach den Feststellungen bot der Angeklagte im Tatzeitraum von Anfang 2012 bis Anfang 2018 über verschiedene Internetseiten eine erfolgversprechende Unterstützung bei der Beantragung von englischen Fahrerlaubnissen gegen eine „Gebühr“ von 1.200 Euro an. Dabei verschleierte er gegenüber den Kunden aus Deutschland, dass eine englische Fahrerlaubnis nur mit einem Wohnsitz in England erworben werden konnte. Für die Kunden war dieser Umstand für die Bezahlung der „Gebühr“ maßgeblich. Keiner der Kunden erhielt mangels der Wohnsitzvoraussetzung eine englische Fahrerlaubnis. Der Angeklagte hatte dies von Anfang an gewusst. Ihm kam es darauf an, sich mit der Gebühreneinvernahme dauerhaft zu bereichern.

Quelle: Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle Nr. 152/2021 vom 09.08.2021 Beschluss vom 20. Juli 2021 – 4 StR 439/20

Hausrat Jamming

Das Landgericht München I hat am 27.07.2020 –23 S 4598/20– entschieden, dass Gegenstände im Auto dann nicht über die Hausratversicherung abgesichert sind, wenn das Verschließen von der Kraftfahrzeugtür durch Jamming verhindert wird.

Da durch Jamming keine Tür eines Kraftfahrzeugs geöffnet, sondern ihr Verschluss verhindert wird, ist eine darauf folgende Entwendung aus dem Fahrzeuginnern nicht versichert.

Navigationsgerät

Wenn während hoher Geschwindigkeit das Navigationsgerät betätigt wird und der Fahrer von der Fahrbahn abkommt, kann die Leistung des Kaskoversicherers wegen grober Fahrlässigkeit um 50 % gekürzt werden.

Der Kläger war bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h mit einem Mietwagen von der linken Fahrbahn einer Autobahn abgekommen und gegen die Mittelleitplanke gestoßen

Quelle: OLG Nürnberg 13 U 1296/17 Urteil vom 02.05.2019